Führungsrhythmus

🎯  Ziel: Ein arbeitsfähiges Team resp. der Krisenstab mit Rollenverteilung wird aktiv

Es geht um die Klärung erster Fragen:

  • Was ist wann; wo; mit welcher Auswirkung (nach vagen Informationen) passiert und zwingt zum Handeln / zur Einberufung des Krisenstabes?
  • Leitung des Krisenstabs
  • Verantwortlichkeit für Logbuch
  • Tagesaktuelle personelle Zusammensetzung (wer fehlt, kommt bis wann dazu?)
  • Vergewisserung im Blick auf individuelle Belastungen (eigene Betroffenheit)
  • Aufgabenklärung der zu diesem Zeitpunkt möglichen Chargen wie RETTUNG, CARE, MEDIEN
  • Zeitlicher Rahmen für erste Entscheidungen (wann gibt es einen wichtigen „Übergang“, der zum Handeln zwingt z.B. Eintreffen von Polizei, Rettung, üblicher Arbeitsschluss, Abend vor dem Wochenende, Feiertag? Das bedingt möglicherweise Sofortmassnahmen, um Zeit zu gewinnen)

Beispiel für erste Visualisierung:

🎯  Ziel: Der Auftrag ist in Teilprobleme zerlegt, die qualifiziert und priorisiert werden können

Information über die Fakten des eingetretenen Krisenereignisses:

  • Wer (Namen, Funktion; Lernende, Mitarbeitende, Vorgesetzte, temporär Arbeitende, Kunden, Gäste, Passanten, Andere)
  • Aufenthaltsort pro Betroffenen / Beteiligten
  • Physischer und psychischer Zustand pro Betroffener (tot, schwer verletzt, leicht verletzt, vermisst, Augenzeuge, beinahe betroffen, indirekt betroffen)
  • Beteiligung pro Betroffenen / Beteiligten (Unfall- Schadensverursacher, Augenzeuge, Einsatz als Vertretung, Partner, Ersteinsatz, letzter Einsatz)
  • Umfeld (Tiere, Unbeteiligte in der Nähe / Schaulustige, filmende Zuschauer usw.)

Erste Probleme werden erkannt, später hier ergänzt (vgl. Schritt 5 Lagebeurteilung):


🎯  Ziel: Eigene Handlungsfreiheit bleibt erhalten

Zeitverluste können vermieden werden, z.B. weitere Informationsbeschaffung, Nachalarmierung

  • Welche dringenden Bedürfnisse hat das ganze Unternehmen?
  • Wer muss sofort informiert / alarmiert werden? (zu dieser Zeit aber den Kreis der Informierten noch möglichst klein halten)
  • Wo muss Infrastruktur bereitgestellt werden (z.B. um Angehörige zu empfangen, Journalisten zu informieren; aber ohne Begegnungsmöglichkeit mit den Angehörigen oder noch nicht informierten Mitarbeiter des Unternehmens)
  • Schutz vor Journalisten / Fotografen
  • Ggf. bereichsweise Sperrung der Website des Unternehmens
  • Ggf. bereichsweise Absperrung von Zufahrten / Zugängen des Unternehmens

Beispiel für Sofortmassnahmen, um Zeit zu gewinnen:


🎯  Ziel: Alle wichtigen Adressaten, Kooperationspartner, Termine, Lokalitäten sind auf einem Plakat / Flipchart mit Zeitstrahl abgebildet und für Entscheidungsträger sichtbar


Zudem muss geklärt werden:

  • Planung des angebrochenen und nachfolgenden Tages, mit Blick auf das Wochenende oder andere „Unterbrüche“
  • Dazu ist die Lagebeurteilung notwendig
  • Weil Teilprobleme definiert wurden, ergibt sich daraus eine Priorisierung der Adressaten resp. der Massnahmen

Beispiel für Termine, die zum Handeln zwingen:


🎯  Ziele: Absicht für das weitere Vorgehen steht fest, Teilprobleme / Portionen und Prioritäten sind festgelegt, Mittel / (externe und interne) Ressourcen sind definiert 

  • In welcher Weise (Form, Zeitpunkt, Detailierungsgrad) werden die Führungskräfte über das Ereignis informiert?
  • Welche Informationen können an die Mitarbeitenden/ Führungskräfte weitergegeben werden und welche nicht? (dokumentieren im Logbuch wer; wann; worüber informiert wurde, allenfalls Ausdruck der Email, Notiz der SMS, des Telefonats, allenfalls Beizug eines Dolmetschers)
  • Vorgehen, wenn jemand nicht erreicht wird
  • Wer braucht wann und wo Unterstützung von aussen? (Notfallpsychologie, -seelsorge, Technik, Medien-, Rechtsberatung)
  • Wann, wie und durch wen werden Angehörige informiert?
  • Welche internen Mitarbeiter/Führungskräfte stehen zur Zeit für besondere Aufgaben zur Verfügung?


🎯  Ziel: Hier werden anhand der definierten Teilprobleme erste Entscheidungen gefällt, die im folgenden Rapport erläutert, begründet, erteilt erteilt werden.

Zur Vorbereitung des Rapportes:

Die Leitung des Krisenstabes

  • Bereitet sich anhand der bisherigen Informationen vor, um den nächsten Rapport straff zu leiten
  • Diskutiert vorher je mit den Verantwortlichen aus den vier Handlungsfeldern (Externe Hilfe, Interne Hilfe, Externe Kommunikation, Interne Kommunikation)

Wenn es soweit ist:

  • Lässt die Leitung aus jedem der vier Handlungsfelder kurz den Stand der Dinge rapportieren 
    (dies dient als Info für die Anderen; die Leitung kennt das ja bereits und hat dieses Wissen vorgängig in die bald präsentierten Aufträge mit einbezogen)
  • Weist auf anstehende Entscheidungen hin
    (die sich terminlich aufdrängen)
  • Fasst gemäss Führungsrhythmus Entschlüsse
  • Erteilt Aufträge (vgl. Punk 7: Auftragserteilung)
  • Definiert nächste Termine 
    (auch für den kommenden Rapport)
  • Definiert, was alles dokumentiert 📝  / illustriert werden muss 


🎯  Ziele: Die Erteilung erster (Teil-)Aufträge regelt die konkrete Umsetzung von vorher definierten Massnahmen 

  • Orientierung:
    Was ist geschehen, Zielvorgabe, Entwicklung der Lage, bereits getroffene Sofortmassnahmen
  • Absicht:
    Welche Ziele sollen mit dieser Massnahme erreicht werden
  • Aufträge:
    Wer; was; womit; wo; bis wann; was folgt danach?
  • Besonderes:
    Alle für die Erfüllung des Auftrages wichtigen Infos (Kommunikation, Logistik, Auflagen, Fixpunkte)
  • Standorte:
    Eigenen Standort und Erreichbarkeit bekanntgeben


🚩  Wichtig: für die Leitung Krisenteam (und für die anderen Mitglieder)

  • Pause: Trinken, frische Luft, Snack
  • Bewegung, Toilette

    🎯  Ziel: Die getroffenen ersten Massnahmen werden nachgebessert

    Im Laufe der Zeit – manchmal rascher, als erwartet, kommen neue Informationen dazu, Ansprüche steigen, die Lage verbessert oder verschlimmert sich, Beteiligte sind überfordert und machen Fehler, Falschmeldungen oder Gerüchte erschweren die Kommunikation, Medien fordern Informationen, usw.

    Darum muss geklärt werden:

    • Wann kommen Rückmeldungen der einzelnen Mitarbeiter/Beauftragten?
    • Was steht noch bis wann aus?
    • Was braucht es zur Lösung?
    • Welche neuen Informationen erzwingen eine Strategieänderung?
    • Wann muss dies wie und an wen kommuniziert werden?
    • Ist die Priorisierung immer noch korrekt? welche Anpassungen sind nötig?
    • Genügen die internen und externen Ressourcen?
    • Wie verändert sich der Zeitplan?

    Vor dem Abschluss müssen allfällige Teilprobleme in einer neuen Lagebeurteilung analysiert und gelöst werden.

    Zudem muss entschieden werden:

    • Wie wird der Einsatz beendet?
    • Wie wird der Abschluss gestaltet? (Nachbesprechung: Wertschätzung, was ist gelungen, was muss verbessert werden)
    • Wer kümmert sich bis wann um die vollständige Dokumentation?
    • Wie und wann wird das Ereignis evaluiert?
    • Welche Konsequenzen ergeben sich für das Krisenkonzept des Unternehmens 🏭 ?

    Folgende „Teilprobleme“ sollten in nächster Zeit analysiert und gelöst werden:

    🔦  Beachten: Bei verletzten oder psychisch stark betroffenen Mitarbeitenden, die sich für einige Zeit von der Arbeit befreien wollen:

    • Welche Mit-, Teil-, Schuld trägt der Mitarbeitende am Geschehen (Verletzung, Tod, Sachschaden)
    • Rechtsberatung (Konsequenzen für Mitarbeitende, für Unternehmen)?
    • Unfallbericht
    • Wie wird mit bereits angekündigten Aufgaben / Aufträgen umgegangen?
    • Wer springt wo; für wen und für wie lange ein?
    • Wie wird diese Person (Kunden, Lieferanten) informiert und unterstützt?
    • Braucht es eine Bewirtung für unterstützende Personen von aussen? Wenn ja: Wer übernimmt sie? Welcher Raum steht dafür zur Verfügung?
    • Welche Hilfestellungen können den Augenzeugen / Verantwortlichen für die nachfolgende Arbeit gegeben werden?
    • Wer braucht in welchem Umfang welche Art von Unterstützung / Nachbetreuung
    • Welche Gesprächsangebote (intern oder von extern) werden in den folgenden Tagen / Wochen gemacht?
    • Wer besucht die Person (im Krankenhaus, zuhause, im Gefängnis, an neutralem Ort)?
    • Wer klärt die Wiedereingliederung, Entlassung ab?

     

    🔦  Beachten: Besonderheit bei einer Gewalttat (gegenüber Mitarbeitenden oder ausgehend vom Mitarbeitenden oder Gewalt zwischen Kunden konnten Mitarbeitende nicht verhindern):

    • Klärung, ob Strafanzeige erfolgen soll (Absprache mit Polizei)
    • Beratung der Opfer: Bedürfnisse klären, keine Konfrontation mit Tätern, Schutz vor Medien (keine Bilder), bei Migranten Dolmetscher beiziehen, notfallpsychologische Begleitung oder weiterführende therapeutische Hilfe anbieten
    • Allenfalls Beratung der mutmasslichen Täter: Gespräch anbieten, über weitere Schritte informieren, Schutz vor Medien (keine Bilder), bei Migranten Dolmetscher beiziehen, notfallpsychologische Begleitung oder weiterführende therapeutische Hilfe anbieten (nicht dieselben Fachkräfte wie beim Opfer!)
    • Beratung der Unternehmensleitung (regelmässige Orientierung durch die Leitungsperson, Vereinbarung aller Auftragserweiterungen, Klärung des Medienkontaktes)
    • Beratung der Augenzeugen
    • Beratung der betroffenen Abteilung

     💡  Beispiel: Besonderheit bei einem internen Todesfall (*gilt auch bei durch Mitarbeitende verursachten externen Tod):

    • Findet eine Versammlung mit einer Gedenkminute für Beteiligte statt?
    • Wer leitet diese an?
    • Wo findet sie statt (Ort)?
    • Wer wirkt mit?
    • Zielsetzung dieser Versammlung?
    • Wird ein Gedenkort (bei Tod) angeboten?
    • Wer organisiert ihn?
    • Wer steht dort als Gesprächspartner zur Verfügung?
    • Welche Räume stehen für Einzelgespräche zur Verfügung?
    • Wie wird der Anlass intern kommuniziert?
    • * Inwiefern unterstützt das Unternehmen die geschädigte Familie?
    • * Wer besucht die Bestattung?
    • * Kondolenzschreiben an die Familie?
    • Wo; wie und wie lange wird im Unternehmen 🏭  auf den Verlust hingewiesen? (Kerzen, Bild, Anzeige, Arbeitsplatz, Unfallort)
    • Wer räumt die persönlichen Gegenstände?
    • Wer übergibt wann diese den Angehörigen?
    • Wie wird am Jahresschlussessen oder bei anderen internen Anlässen darauf Bezug genommen? (Betriebsausflug, Fest)
    • Wie wird am Jahrestag des Todes daran gedacht?